Von Gert G. von Harling

Allzeit guten Anblick hatte mal eine andere Bedeutung

Töten, Technik, Theorie und Tiere

Jagd ist etwas Archaisches. Töten gehört dazu. Tiermanagement bedeutet notgedrungen auch Töten. Jäger müssen demzufolge auch töten. Schießen nimmt bei vielen von ihnen einen immer größeren Platz ein. Sie glauben zwar, sie seien auch Jäger, doch sie töten nicht selbst, nicht direkt, sie lassen von der Technik töten und sind lediglich noch Zuschauer dabei, die Jagd verkommt zu einer Fernbedienungsaktion und einem Wettkampf zwischen Technik und Kreatur anstatt zwischen Mensch und Tier.

Knapp 440.000 Menschen in Deutschland hatten Anfang 2024 einen Jagdschein, ein Plus von 36 Prozent innerhalb von drei Jahrzehnten. Folgt man der Analyse des Soziologen Prof. Dr. Werner Beutelmeyer, Leiter des renommierten Marktforschungsunternehmens Market Institut in Linz und Lehrbeauftragten an den Universitäten Innsbruck, Salzburg und Linz, verbringt der einzelne Jäger durchschnittlich aber immer weniger Zeit mit dem Waidwerk. Der traditionelle Jäger, der die Jagd als Berufung und Lebensaufgabe versteht, ist auf dem Rückzug. Der Anteil derjenigen, für die Jagd nur eines von vielen Hobbies ist, nimmt zu. Es gibt zwar immer mehr Jagdscheininhaber, aber deren Wissen über das Handwerk und das Brauchtum verflacht zunehmend. Die Jagd, so der Wissenschaftler, ist nicht mehr Lebenseinstellung, sondern verkommt zu einem gelegentlichen Freizeitvergnügen, einer interessanten Freiluft-Veranstaltung.

Die Anzahl der Jagdscheininhaber wird zwar mehr, die der Jäger nimmt aber ab“, schrieb ich kürzlich in einem Kommentar für eine Jagdzeitschrift. „Der Wald, einst das Reich der Sinne, wird zur pixeligen Überwachungszone. Wer braucht noch Ethik, wenn man einen Akku hat?“ Ich erntete für meine Äußerungen harsche Kritik. Auf, auf, zum fröhlichen Töten!!

Viele Jäger setzen sich in hohem Maße für Tier-, Natur-, Arten- und Umweltschutz ein, leisten mit viel Aufwand und Eigeninitiative freiwillig einen wertvollen Beitrag für die Erhaltung der Tier- und Pflanzenwelt, ersparen dem Rest der Gesellschaft immense Kosten und erwarten keine Gegenleistungen, aber andere sollten sich auch wieder auf alte Werte, auf die „Hohe Kunst des Jagens“, das „Edle Waidwerk“, auf die Kultur der Waidgerechtigkeit besinnen.

Einen guten Rotwein kann man aus einem Pappbecher trinken oder aus einem edlen Glas genießen.