Von Volker Seifert
„Der kleine Jagdkompass. Wie möchtest du jagen?“ legen Helen Moayer-Schuppenhauer und Christopher Stoll ein außergewöhnliches und dringend notwendiges Buch vor. Es ist weder ein klassischer Jagdratgeber noch ein Fachbuch im üblichen Sinne – vielmehr handelt es sich um eine Einladung zur Reflexion, zur persönlichen Standortbestimmung in einer zunehmend kontrovers geführten Debatte um die Zukunft der Jagd.
Das Werk richtet sich an Jägerinnen und Jäger sowie an kritisch Interessierte, die sich mit dem Spannungsfeld zwischen Tradition, Verantwortung, Technik und Ethik auseinandersetzen wollen. Dabei verzichten die Autoren wohltuend auf Belehrung oder moralisierenden Tonfall. Stattdessen eröffnen sie einen Denkraum, in dem Fragen im Mittelpunkt stehen – kluge, unbequeme, ehrliche Fragen, die jeder Jagdausübende sich selbst stellen sollte: Warum jage ich? Was treibt mich an? Was empfinde ich beim Töten? Und: Welche Rolle spielt moderne Technik – von Nachtzielgeräten bis zur Wildkamera – für mein Selbstverständnis als Jäger?
Die Autoren führen durch zentrale Themenbereiche wie „Freude am Jagen“, „Trophäen“, „Technik“, "Jagdreisen" oder „Verantwortung und Ethik“. Kurze Texte, anschauliche Grafiken, Faktenkästen, Zitate sowie persönliche Reflexionsfragen machen das Buch besonders zugänglich. Ergänzt wird der Band durch QR-Codes, die zu Interviews mit Fachleuten führen – darunter Forstwissenschaftler, Wildbiologen und Ethiker –, die die aufgeworfenen Fragen aus ihrer Sicht kommentieren. Diese multimediale Erweiterung ist nicht nur zeitgemäß, sondern vertieft auch das Verständnis für die Komplexität jagdlicher Entscheidungen.
Stilistisch ist das Buch klar, präzise und respektvoll. Es vermittelt kein festes Werte- oder Weltbild, sondern bietet eine strukturierte Orientierungshilfe in einem emotional und politisch aufgeladenen Thema. Besonders hervorzuheben ist die Haltung der Autoren: Sie betrachten Jagd als ein kulturelles und moralisches Handlungsfeld, in dem jede Entscheidung Konsequenzen hat – für das Wild, die Gesellschaft und nicht zuletzt für die jagende Person selbst.
Fazit:
„Der kleine Jagdkompass“ ist ein konzeptionell neues Buch. Es wirkt nicht durch laute Thesen, sondern durch kluge Fragen und eine sorgfältig gestaltete Präsentation. Wer sich mit der eigenen jagdlichen Haltung ehrlich auseinandersetzen möchte, findet hier einen wertvollen Begleiter. Es gehört in die Hand all jener, die Jagd nicht nur ausüben, sondern auch verstehen wollen.
Helen Moayer-Schuppenhauer und Christopher Stoll: Der kleine Jagdkompass. Wie möchtest du jagen?“
Verlag Jägerschmiede, 2015, 346 S.
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